Luena entlief ihren Besitzern am 10.4.2024 in einem unachtsamen Moment aus dem Haus und war auf und davon.
Es dauerte nicht lange und es klingelte unser Telefon.
Am anderen Ende der Leitung war Nicole, Inhaberin der Hundeschule Tübingen Bühl und bat uns um Hilfe. Luena war ein ehemaliger Pflegehund von ihr.
Wir sagten sofort unsere Hilfe zu.
Auch wir kannten die herzzerreißenden Videos von Luenas Rettung und waren über ihr Entlaufen sehr traurig.
Wir packten also direkt Futter und Cams ein und fuhren nach Kusterdingen.
Vor Ort angekommen trommelten wir alle Helfer zusammen und baten darum vor Ort abzubrechen und nach Hause zu gehen.
Es musste dringend Ruhe einkehren.
Wir überschafften uns einen kurzen Überblick und richteten daheim eine überwachte Futterstelle in.
Parallel wurden noch vom letzten Sichtungspunkt aus den angrenzenden Feldern hinterm zuhause von Luena Wurstwasserspuren nach Hause gezogen.
Wir warteten die Nacht ab.
Luena tauchte leider nicht daheim auf.
Wir nahmen am nächsten Tag Kontakt zum ortsansässigen Jäger auf und wollten uns Genehmigungen für weitere Futterstellen in den Feldern einholen.
Diese verwies uns an die Untere Jagdbehörde in Tübingen.
Nach ein paar Telefonaten mit weiteren Behörden wurden uns dann sämtliche Genehmigungen für weitere Futterstellen und für die Lebendfalle erteilt.
Wir legten los und richteten zunächst eine weitere Futterstelle am letzten Sichtungspunkt ein.
Parallel entwarfen wir einen Flyer und erklärten den Besitzern, dass schnellstmöglich drumherum alles abgeflyert werden muss, um zeitnahe Sichtungen von Luena zu erhalten.
Auch von der Hundeschule Tübingen flyerten unheimlich viele Mitglieder die Umgebung ab.
Am Nachmittag des 11.4.2024 trudelten dann die ersten Sichtungen von Luena ein.
Es schien fast so, als hätte sie sich rechterhand, ca. 2 Kilometer vom Entlaufort entfernt niedergelassen.
Bepackt mit Wurstwasser und weiteren Cams fuhren wir zum Sichtungspunkt.
Da es dort sehr weitläufig war, entschieden wir uns direkt 4 Futterstellen in einem bestimmten Radius zu setzen.
Es ist tatsächlich so, dass wir uns in den Hund hineinversetzen und versuchen alles zu eruieren, um dann das Beste aus allem rauszuholen.
Wir setzten 4 Futterstellen in den Felden und eine am ca. 400 Meter entfernten Wald.
Voller Hoffnung fuhren wir heim.
Gegen 0:30 Uhr schlug die Kamera am Wald Alarm, Luena hatte angebissen.
Was waren wir erleichtert.
Uns war völlig klar, dass wir am nächsten Tag die Falle aufladen und direkt stellen würden.
Bis zu diesem Zeitpunkt gingen wir davon aus, dass Luena in der kommenden Nacht sicher eingetütet werden würde.
Dass sie aber mit einer der schwierigsten Fälle in 8 Jahren der Hundesicherung werden würde, war uns bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst.
Es gab am 12.4.2024 tagsüber immer mal wieder Sichtungen von Luena. Gegen Mittag meldete sich ein Sichter und meinte, dass Luena wohl seit mehreren Stunden an einem Holzhaufen liegen würde.
Auch wenn er sich nähern würde, machte sie keinerlei Anstalten, flüchten zu wollen.
Prima dachten wir, dann packen wir doch die Retriever Leine ein und versuchen sich von Hand zu sichern.
Und genau diesen Plan hatten wir ohne Luena gemacht.
Vor Ort angekommen lag sie noch immer am Holzhaufen.
Wir nährten uns ganz vorsichtig Schritt für Schritt, gingen in die Hocke und setzten uns weiter in Bewegung.
Wir warfen ihr immer wieder etwas Futter hin, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Sie machte bis dato noch immer keine Anstalten, gehen zu wollen.
Als wir die Retriever Leine positionierten, stand Luena auf und ging.
Sie ließ uns einfach stehen und lief davon.
Warum wir nicht zupackten, werden sich einige bestimmt fragen?
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Sowas machen wir grundsätzlich nicht bei einem unsicheren Angsthund. Diese Hunde sind in einer kompletten Ausnahmesituation. Niemand von uns weiß, wie sie reagieren und tatsächlich geht dann der Eigenschutz immer vor.
Ein weiterer Grund ist, dass wenn man zupackt und das schiefgeht, kann es sein, dass der entlaufene Hund das sichere Gebiet komplett verlässt.
Für uns ist es immer so, dass der entlaufene Hund das Tempo angibt und wir uns dem Fügen.
Wir zogen also frustriert ab und stellten dann gegen Abend die Lebendfalle an der angenommenen Futterstelle auf.
Als wir damit fertig waren, kamen dann noch weitere Sichtungen in der Nähe der Falle rein.
Die Nacht brach an und es passierte rein gar nichts.
Was war geschehen?
War Luena noch satt von der vorherigen Nacht?
Hatte sie die Falle von weitem entdeckt und es war ihr etwas unbehaglich?
Es waren alles nur Vermutungen, die wir aufstellen konnten.
Am 13.4.2024 trudelten dann am frühen Morgen die ersten Sichtungen von Luena unweit der Falle ein.
Das Problem war allerdings, dass schönes Wetter gemeldet war und das es leider auch ein beliebte Gassi und auch Wanderstrecke ist.
Und es kam dann leider so, wie es kommen musste. Es meldeten sich Sichter, die versuchten Luena einzufangen, die sie riefen und pfiffen.
Luena quittierte dieses Verhalten mit Flucht.
Tagsüber stellten wir noch 2 weitere Reolinks an der Falle auf, um die Umgebung noch besser im Blick haben zu können.
Gegen 20:45 Uhr tauchte Luena an unserer Ausweichfutterstelle ca. 300 Meter entfernt von der Falle auf.
Warum wir diese haben?
Es ist leider so, dass wenn der entlaufene Hund ein Problem mit der Lebendfalle hat, dieser Platz dann auch leider verbrannt ist und um nicht bei 0 anfangen zu müssen, arbeiten wir schon immer mit Ausweichfutterstellen.
An diesen Futterstellen liegt nicht viel Futter aber genug, um den entlaufenen Hund in dem Gebiet zu halten.
Die Nacht brach an und wir hofften, dass Luena in dieser Nacht den Weg zur Falle einschlagen würde.
Und wieder tauchte sie nicht an der Falle auf.
Im Gegenteil, Luena tauchte nun am Entlaufort auf.
Zum Mäuse melken und sehr nervenaufreibend war es mittlerweile für alle Beteiligten geworden.
Am Morgen des 14.4.2024 wurden uns Sichtungen aus einem eingezäunten Bereich gemeldet, den sie aber zwischenzeitlich wieder verlassen hatte.
Wir entschieden uns, Nicole mit ihrer Tochter und dem Hunderudel dort spazieren zu schicken.
Wir hofften, dass Luena , den vertrauten Geruch aufnehmen würde, schließlich hatte sie mehrere Wochen bei Nicole gelebt.
Leider ging dieser Plan nicht auf und so zogen sie von dannen.
Während ein Teil des Teams abends in Derendingen essen war, trudelten weitere Sichtungen aus dem eingezäunten Garten ein.
Luena lag unter einem Busch und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
Wir beschlossen direkt nach Kusterdingen zu fahren und hofften, dass wir diese Gelegenheit nutzen könnten, um Luena doch noch per Hand zu sichern.
Wir wussten von anderen Teammitgliedern, dass sich an der Seite des Grundstückes eine Hecke befand.
Leider wussten wir nicht, ob dort auch noch ein Zaun war.
Wir nährten uns ruhig und langsam an.
Luena stand auf und es kam, wie es kommen musste, sie verschwand zwischen den Hecken und wieder mussten wir sie ziehen lassen.
Ergo, die Hecken waren nicht eingezäunt.
Wir entschieden uns am nächsten Tag in diesem Areal den Fangzwinger aufzubauen.
Wir trommelten das halbe Team zusammen und trafen uns am späten Nachmittag und bauten diesen mit vereinten Kräften auf.
Leider war für die kommenden Tage auch noch schlechtes Wetter gemeldet, was die Gesamtsituation nicht besser machte.
Als um 18:45 die Cam am Zwingereingang Alarm schlug, dachten wir im Leben nicht daran, dass wir Luena dort stehen sehen würden, wir trauten unseren Augen kaum.
Wir waren sehr gespannt, was nun passieren würde.
Luena zog fürs erste von dannen und kehrte um 19:45 Uhr ein weiteres Mal zum Zwinger zurück.
Zunächst schaute sie sich wieder am Zwinger um und auf einmal legte sich ein Schalter um und Luena rannte wie von einer Tarantel gestochen davon.
Wir wussten nicht, ob umliegend etwas war, auf den Cams hörten wir nichts.
Luena tauchte in der Nacht noch zweimal am Entlaufort auf ehe sie veschwand.
Bis zu diesem Zeitpunkt machten wir uns noch nicht allzu viele Sorgen.
Wir hatten leider keine andere Wahl, außer abzuwarten.
Die Tage vergingen und wir bekamen immer mehr Probleme mit anderen Tieren, die an dem Zwinger auftauchten und sich auch nicht durch den Alarm, welchen man an der Kamera auslösen kann, beirren ließen.
Die Futterstellen mussten teilweise mehrmals aufgefüllt werden.
Luena mied weiter den Fangzwinger.
Die Lebendfalle hatten wir indes am alten Platz abgebaut.
Uns beschlich das Gefühl, dass ein anderer Plan her muss.
Da Luena immer wieder am Entlaufort auftauchte, beschlossen wir sie auf einem kleinen Grundstück hinter dem Entlaufort erneut fest anzufüttern.
Wir haben einen verdammt langen Atem und geben niemals auf, egal wie oft wir wieder anfangen müssen, aber für die entlaufenen Hunde geben wir alles da draußen.
Wir fütterten Luena Stück für Stück in das Grundstück hinter dem Entlaufort und auch hier hatten wir leider wieder Probleme mit verschiedenen Tieren.
Als Luena das erste Mal das Grundstück betrat entschieden wir uns, den Zwinger abzubauen und diesen in den kommenden Tagen Element für Element aufzubauen und dort zu integrieren.
Und so vergingen die Tage.
Auf Luena war jeden Abend verlass und sie lief in das Grundstück rein und raus und auch das Gartentor machte ihr nichts aus.
Aber sie tauchte nun auch wieder dort auf, wo der Zwinger stand.
Wir starteten einen Aufruf auf Facebook und suchten Tannenreisig, um den Zwinger etwas zu verkleiden, der Umgebung quasi anzupassen.
An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an alle die sich meldeten, um uns zu unterstützen.
Melanie und Bettina vom Team holten das Reisig ab.
Ein paar andere vom Team trafen sich schonmal am Entlaufort und sprachen alles ganz genau durch.
Uns war klar, dass das unsere einzige Chance war und da musste alles Hand und Fuß haben.
Weitere Tage vergingen und der Zwinger wuchs von Tag zu Tag.
Die Lebendfalle stellten wir versteckt auf dem Grundstück auf, auf dem der Zwinger stand.
Da Luena den Zwinger wirklich gut annahm, entschieden wir uns schließlich am 24.4.2024 final nun auch die Zwingertür einzubauen.
Alles oder nichts, wir vertrauten darauf, dass unser Plan aufgehen würde.
Wir alle saßen gespannt und angespannt daheim.
Felix und Jenny waren beide für die Nacht instruiert und waren daheim in Position, um direkt reagieren zu können, wenn der Zwinger zuschnappt. Beide wohnen gegenüber vom Entlaufort.
Es wurde dunkel und die Spannung stieg.
Luena tauchte gegen 22 Uhr das erste Mal am Zwinger auf.
Zunächst schien es so, als würde ihr das alles nichts ausmachen.
Als sie aber einen zweiten Blick in Richtung Zwingertür warf, begriff sie, dass irgendwas nicht stimmte.
Tatsächlich waren wir emotional wirklich etwas am Limit.
Wir verstanden nicht, wo das Problem lag.
Luena ist ein Kettenhund an, der sie viele Jahre hing. Sie kannte also weder Lebendfalle noch Fangzwinger, es war wirklich in dem Moment einfach richtig hart für uns alle.
Schließlich verschwand Luena in der Dunkelheit.
Und dann tauchte sie plötzlich an der Falle auf.
Wir trauten unseren Augen kaum und begriffen bald gar nichts mehr.
Sie inspizierte die Falle von allen Seiten und verstand auch, dass dort Futter in der Falle lag.
Sie hielt sich über eine Stunde an der Falle auf, bis sie dort ebenfalls wieder verschwand.
Da wir alle am nächsten Tag arbeiten mussten, legten wir uns mit einem Auge und einem Ohr ins Bett.
Es verging Minute um Minute und tatsächlich kamen einem diese vor wie zig Stunden.
Um 23:30 Uhr schlug die erste Kamera am Zwinger Alarm.
Sofort schreckten wir hoch, starteten die App und da stand sie wieder unsere Luena.
Sie lief vor dem Eingang des Zwingers hin und her und hin und her.
Dann verschwand sie wieder uns dann tauchte sie wieder auf.
Um 0:56 Uhr nahm sie all ihren Mut zusammen und lief in den Zwinger rein.
Sie vergewisserte sich noch ein weiteres Mal und nahm dann schließlich Anlauf und steuerte das fette Menü hinter der Lichtschranke an.
Und ruuuuuummmmms, da war die Tür zu.
Jenny und Felix nahmen ihre Beine in die Hand, rannten über die Straße zum Zwinger und sicherten alles ab.
Indes machte sich Jenny aus Mössingen ebenfalls auf den Weg nach Kusterdingen.
Luena hat in der Zeit mehrfach versucht aus dem Zwinger auszubrechen. Sie kletterte immer wieder die Zwingerelemente nach oben.
Felix musste sie immer wieder abwehren.
Es war wirklich hart für uns alle was sich vor Ort abspielte.
Bei unserem Zwinger kommt oben kein Hund raus, da wir am gesamten Zwinger Sprungschürzen haben, aber dennoch ist man einfach nur angespannt.
So langsam beruhigte sich Luena.
Als Jenny vor Ort ankam, ging sie mit der Retriever Leine in den Zwinger und sicherte Luena mit dieser.
Anschließend brachte Felix noch die Hundebox und wir verstauten Luena im Zwinger in der Hundebox und in dem Moment fiel die ganze Anspannung ab.
Luena haben wir in der Nacht nach Rücksprache mit den Besitzern an Nicole übergeben, wo sie erstmal zur Ruhe kommen durfte.
Wir möchten an dieser Stelle DANKE sagen.
Von Herzen Danke an die Besitzer für das Vertrauen in uns und unsere Arbeit.
Von Herzen Danke an Nicole, die uns kennt, uns folgt und keine Sekunde zögerte uns um Hilfe zu bitten.
Von Herzen Danke an dich liebe Angela. Angela reiste extra aus Stuttgart an und unterstütze wo sie nur konnte.
Von Herzen Danke an alle Flyerhelfer, das war wirkich einmalig.
Von Herzen Danke an alle besonnen Sichter vor Ort.
Von Herzen Danke an alle Behörden, die mit uns kooperiert haben. Die Jäger, die Polizei, die Untere Jagdbehörde und das Veterinäramt.
Von Herzen Danke an alle Grundstücksbesitzer bei denen wir wirklich alles machen durften. Die Besitzer des Grundstückes, wo der Fangzwinger zuerst stand, sagten sogar der Firma ab, die das Grundstück mähen sollten.
Von Herzen Danke an alle besonnen Melder.
Wir sind alle erleichtert, dass wir Luena unbeschadet sichern konnten und wünschen ihr von Herzen ein wundervolles Leben.
Im Einsatz für Suchhunde Baden-Württemberg waren Jenny, Bettina, Melanie, Simon, Jenny &Felix, Nicole und der Rest des Teams im Hintergrund .
SUCHHUNDE Baden-Württemberg